Re: Fraktal-Game


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Geschrieben von Gabi am 04. Januar 2002 22:22:37:

Als Antwort auf: Fraktal-Game geschrieben von Neuling am 04. Januar 2002 11:57:53:

Hallo Till,

>Ist das hier das Forum für die Fraktale oder bin ich falsch ? Hier steht fast nichts dazu.

Ja leider. Mich wundert auch, warum keiner Fragen stellt. Das Game hat täglich Besucher, aber kaum Mitspieler.
Du bist hier richtig !
Das Forum Zauberspiegel existiert etwas länger als das Game, und es soll auch in Zukunft nicht auf das Thema Fraktale eingeschränkt werden.

>Meine Frage ist: Wie erklärt man sich diese Formenvielfalt? Die Startzahlen gehen doch ganz gleichmäßig los. Wieso gibt es eigentlich die Muster, die sich immer ähneln, trotzdem niemals ganz gleich werden ?

Es gibt mehrere Gründe.
Einmal die Zahlen selbst. Sie haben verschiedene Qualitäten: In Faktoren zerlegbar oder nicht. Auch irrationale Zahlen sind "verschieden schlimm irrational". Die Irrationalste ist g=(sqrt(5)-1)/2=0.61803...
Dann die Operationen zwischen den Zahlen. Beim Rechnen einer solchen Fraktale-Iteration wird nicht nur linear etwas addiert oder mit einer Konstante "gestreckt", sondern es werden auch Variable miteinander multipliziert. Das Multiplizieren allein würde im Komplexen auf ein Addieren in der Phasenebene hinauslaufen (Spiralen), also auch nichts Spannendes.
Diese bizarren Linien mit unendlich feinen Substrukturen entstehen erst, wenn Operationen aus verschiedenen Hierarchie-Ebenen zusammentreffen (Beispiel: Addition und Multiplikation Komplexer Zahlen). Die sind wie zwei Kräfte verschiedener Raumstruktur und ihr Zusammentreffen erzeugt nie das gleiche Interferenzbild. Oft genug wiederholen sich die Konstellationen der Muster, aber da es andere Absolut-Zahlen sind, wird es nicht gleich.

Interferenzen. Wenn man zwei ebene Wellen addiert, entsteht als Schwebung die Dritte. Wenn die drei Teile dann aber immer wieder weiter(ver/rückge)koppelt werden, geht das Ganze nur dann in eine Wiederholung (Grenzwertzyklus), wenn es systematisch "Interferenz mit Auslöschung" ist. Die (negativen) Additionsterme bieten sich als Löschgrößen an. Dort, wo sie gerade passen, entsteht die fraktale Struktur (schwarze Bäuche des Apfelmännchens). Der Rest ist Chaos (Antennen, Augen, Spiralen) oder Divergenz.
Manchmal ist das Chaos die überhaupt einzige Struktur, die sich von der Divergenz abhebt (siehe Julia-Menge bei C=i).

Das Ganze ist nicht an den Komplexen Zahlen festzumachen, im Gegenteil: Immer dann, wenn ihr definierter Zusammenhang zerstört wird (z.B. Tippfehler), dann quellen die Fraktale nur so hervor. Ihre "Quelle" ist also jede Art von Unordnung.
Chaos: Es baut sich durch die (Interferenz)-Löschwände so etwas wie ein Spiegelgebäude auf, und zwischen den Spiegeln hüpft die Variable wie Licht ewig herum, falls sie nicht nach unendlich davonfliegt (=Divergenz), und falls sie nicht in einen Fixpunkt-Trichter fällt und stehen bleibt. Dieses "Spiegeln" kann man sich gut vorstellen mit 1/x am Grenzwert 1 : Alles was unter 1 ist, geht Richtung Null, was über 1 ist, geht Richtung Unendlich. Zweidimensional ist es der Einheitskreis (WENN da nicht + C wäre !). Wenn die Spiegel zu symmetrisch stehen, machen alle Bildpunkte das Gleiche und das Bild wird langweilig. Ein Tippfehler "verbiegt" die Spiegel zusätzlich und alles wird anders.

Vielleicht erstmal so viel fürs Erste.
Frage bitte weiter.

MfG
Gabi





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