Wirtschaft: Was wäre eigentlich wenn?
Geschrieben von Emil am 15. Oktober 2007 15:15:27:
Bernd Niquet, im Oktober 2007
Die Weltwirtschaft boomt trotz des Krisengeredes. Über alle Barrieren des Pessimismus hinweg legt die Wirtschaftsleistung in jedem Jahr von Neuem enorm zu. Die Gerechtigkeit bleibt dabei freilich auf der Strecke. Ein Top-Manager erzielt das 100fache eines Arbeiters als Einkommen. 1990 noch waren es „nur“ das 50fache. Und die Explosion der Vermögenspreise verschärft diese Entwicklung noch. Die Vermögenden werden immer reicher – und die Habenichtse bekommen immer weniger Almosen, weil der Staat zunehmend klammer wird.Eine bedenkliche Situation. Doch ließe sich das alles überhaupt verändern? Was würde eigentlich passieren, wenn man die Vermögens- und Einkommensgleichheit mit einem Schlag nivellieren könnte? Intuitive Wirtschaftskenner weisen darauf hin, dass bereits im nächsten Moment die Gleichheit wieder zerstört wäre, denn die einen hätten ihr Geld verprasst, die anderen jedoch gewinnbringende Investitionen getätigt und etwas unternommen.
Wirtschaftstheoretiker führen dazu an, dass bei einer derartigen Maßnahme der Kuchen sofort kleiner werden und eine heftige Abwärtsbewegung beginnen würde – und somit die Umverteilungsmasse der Allgemeinheit posthum wieder genommen wäre. Auch die Glücksforscher würden sich von diesem Schritt nicht allzu viel versprechen, zeigen ihre Studien doch auf, dass sich das Glück der Menschen auf mittlere bis längere Sicht vom Einkommen und Vermögen weitgehend unabhängig erweist.
Ich denke hierbei viel allgemeiner und genereller: Im Grunde genommen leben wir Menschen doch ausschließlich von Illusionen. Die Reichen leben von Illusionen und die Armen leben von Illusionen. Wir alle leben von dem Glauben, dass dann, wenn etwas Bestimmtes eintritt, was wir uns wünschen oder auf das wir hinarbeiten, sich in unserem Leben grundlegend etwas zum Besseren wandelt. Der unfreie Beschäftigte träumt davon, dass seine Situation sich radikal verbessert, hätte er erst einmal seine Freiheit. Der Arme glaubt, alles würde sich wandeln, hätte er erst einmal Geld. Und auch der Reiche, der jedoch vom Neid zerfressen ist, weil der Nachbar noch viel reicher ist als er, hofft, dass dieser Stachel aus seinem Fleisch verschwindet, wenn er erst einmal materiell aufgeschlossen hat.
Die Menschen in der westlichen Welt sind heute so frei wie niemals in der Geschichte der Menschheit. Doch was fangen sie mit dieser Freiheit an? Zielstrebig tendieren sie dazu, sie so schnell wie möglich wieder los zu werden. Zum ersten Mal könnten die Menschen heute ihre eigenen Gedanken leben, das Eigene verwirklichen. Doch sie sind zu einem Vakuum im Kopf erzogen, durch die Werbung und alle sonstigen Normvorstellungen so geformt, dass sie dennoch genau das wollen, was die anderen auch wollen. Sicherlich ist das auch ein Grund dafür, weshalb sich alle Marktwirtschaften und alle Demokratien trotz unbegrenzter Reisefreiheit und Konsumschlaraffenland den totalitären Systemen immer mehr annähern.
Wie sagte schon Oscar Wilde so trefflich: Es gibt zwei Tragödien im Leben – die Nichterfüllung eines Herzenswunsches und sein Erfüllung. Wahrscheinlich ist der Erfüllungsfall sogar die viel umfassendere und vernichtendere Tragödie, wie fast jeder Blick auf die Jetztzeit zeigt.
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