Re: Wie wäre es, wenn wir ca. 40 Prozent mehr Knete in der Tasche hätten?


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]


Geschrieben von Hans T. am 02. August 2001 14:41:29:

Als Antwort auf: Re: Wie wäre es, wenn wir ca. 40 Prozent mehr Knete in der Tasche hätten? geschrieben von zaeld am 02. August 2001 11:50:54:

>Das heutige Geld ist vom Material her wesentlich weniger wert als der aufgedruckte Wert (naja, abgesehen von Pfennigen), dieses Argument hat somit heute keine Bedeutung mehr. <

Es gibt ja mehrere Möglichkeiten und Motive, Geld dem Wirtschaftskreislauf zu entziehen. z.B.

a) Sparstrumpf (Sicherheitsbedürfnis)
b) Bequemlichkeit (Warum das Geld fest anlegen, wenn es keinen Zins bringt? Dann habe ich es immer sofort im Zugriff)
c) Externe Kreisläufe. (Die DM ist "Zweitwährung" in vielen osteuropäischen Ländern) Milliarden von DM (Bargeld) werden dort zur Nachfrage und nicht im eigenen Wirtschaftsraum


>Aber die Frage ist noch nicht beantwortet: Müßte man nicht schleunigst zum Jahresende sein Bargeld loswerden, um der Geldentwertung zu entgehen? Ob das Geld nächstes Jahr den Namen Euro oder DM trägt, ist schließlich egal.<

Ich verfolge das Tagesgeschehen zu wenig, um hier einen Tip abgeben zu können. Da wäre das Forum von Günter Hannich geeigneter.
Wenn die Zentralstelle jedoch eine geschickte Geldmengenpolitik betreibt, sollte das Preisniveau bzw. der Preisindex gleich bleiben.

>>Wenn die Zentralbankmassnahmen in Häufigkeit und Stärke angemessen sind, (also sanft, aber nicht zu sanft) dann sollten die Preise stabil bleiben.

>Warum?

Weil das Gleichgewicht zwischen Waren/Dienstleistungen und Geldmenge stabil bleibt.

>>Dies bedeutet, dass die Goldbarren auch nach der Massnahme 100 DM kosten.

>Nein: Nach der Maßnahme gibt es ingesamt zwei Goldbarren und 180 DM. Somit ist ein Goldbarren automatisch 90 DM wert.

Aber nur, wenn es für 90 DM angeboten wird...

Wenn ich 20.000 DM insgedamt auf Konten und in der Kasse habe, aber nur 200 DM Bargeld bzw. auf dem Girokonto, dann betrifft die Abwertung ja nur diese 200 DM, was in diesem Fall ein Prozent wäre.

>Warum? Weil gesagt wurde, daß auf dem Geld ca. 40% Zinsen lasten? Dann möchte ich wissen, wie man zu so einer Aussage kommt.

Vergleicht man die Zinsströme mit dem Bruttosozialprodukt, dann ist das Verhältnis 4 zu 10.
Ausserdem ist zu bedenken, dass der Videorekorder, den wir kaufen, über mehrere Herstellungs und Händlerstufen zu uns kommt. Auf jeder Stufe werden die Zinskosten für Fremdkapital einkalkuliert und draufgeschlagen. Stufe für Stufe. Das summiert sich ganz schön...

>Warum würden die Steuern sinken?

Die Zinsbedienung ist mittlerweile eines der grössten Ausgabeposten der Öffentlichen Hand. Fällt diese Ausgabe weg muss der Statt auch weniger eintreiben. Zusätzlich ist ja das Preisniveau geringer, auch für Kosten des Staates.

>> Die automatische Umverteilung von Arm nach Reich (durch den Zins) und darin inbegriffen das zumindest teilweise daraus folgernde Nord-Süd-gefälle würde dadurch ebenfalls beendet bzw. gemildert.
>Hier ebenfalls: Warum?

Wer viel hat, bekommt über den Zinskreislauf noch mehr dazu, profitiert also davon. Wer weniger Zinsen durch Kapitalien einnimmt, als er durch den Konsum (über die Preise) zahlt, ist auf der Verliererseite. Wie war das nochmal: Bei 6 % Zins verdoppelt sich ein Kapital alle 20 Jahre, oder so (haste Lust mal nachzurechnen?)

>>>Zinsen dagegen werden individuell durch die beiden Vertragspartner festgelegt, was sehr viel einfacher ist.

Aber die Rahmenbedingungen dafür legt die Stelle, die den Geldkreislauf kontrolliert.

>Wenn Zins nicht verboten werden würde, dann würde dies niemanden davon abhalten, trotz Geldentwertung Zinsen zu verlangen.

Zins ist auch eine Sache von Angebot und Nachfrage. Ständig durch eine Gebühr "bedrohte" Bar- und Girobestände drängen stark zurück in den Kreislauf, um dieser Gebühr zu entgehen. Das senkt die Zinsen automatisch, idealerweise auf Null.

>Aus praktischen und "logischen" Gründen: Wenn die Geldentwertung z.B. immer am Monatsende stattfindet, könnte man einen ganzen Monat lang sein Geld horten. Erst am Monatsende müßte man sich darum kümmern, sein Geld für einen Tag lang anzulegen.<

Das mit der monatlichen Gebühr hatte in Wörgl sehr gut funktioniert. Aber man kann sich auch Variationen überlegen. Wichtig ist ja, dass das Bar/Giro-Geld unter Druck steht, schnell wieder dem Kreislauf zur Verfügung zu stehen.

>Man muß noch nicht einmal so ein extremes
Verhalten annehmen. <

"Extrem" ist eine Frage des Standpunktes. Ich wurde unsere Verschuldungssituation z.B. durchaus als "extrem" bezeichnen und für Abhilfe plädieren.

Sicher ist, daß niemand am Monatsende Bargeld haben möchte. Irgendwo muß das Bargeld aber schließlich vorhanden sein. Und der Besitzer dieses Geldes ist schließlich der Dumme, selbst wenn er nur einen Tag lang diesen erhöhten Bargeldbestand besitzt.

Die Leute in Wörgl haben beispielsweise ihre Steuern und ihre Rechnungen im Voraus bezahlt.
Andererseits natürlich das Geld schnell wieder ausgegeben. Einh Händler, der coolen Umsatz macht, kann den geringen Abschlag sicher verschmerzen.

grüssle
Hans




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