Wirtschaft: Idioten?


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]


Geschrieben von Emil am 20. April 2007 13:10:45:

Ganz interessante Diskussion mit einem unserer US-Korrespondenten, nämlich R. D. Der verweist auf eine Berechnung von Goldman Sachs zu Ethanol.

Derzufolge wird bei der Herstellung von Ethanol aus Mais rund 70% der gesamten Energie für die Herstellung des Ethanols verwendet. Es bleibt eine Netto-Energieausbeute von 30%.

(Zum Vergleich: bei modernen deutschen Steinkohlekraftwerken verpufft 54% der Energie, es bleibt ein Netto-Wirkungsgrad von 46%).

Richard Daughty schreibt dazu: „Der traurige-aber-lustige Teil ist der, dass das Umwandeln von Mais in Ethanol 70% der Energie verbraucht! Hahaha! Die einzige noch schlechtere Möglichkeit, Ethanol herzustellen, wäre Getreide, denn da werden ca. 90% der Energie verbraucht.“

Und: „Es wäre sehr viel besser (und erheblich smarter) Ethanol aus Zuckerrohr (10% Energieverlust) oder Zellulose (25%) oder Sojabohnen (37%) oder sogar Rapssamen (40%) zu verwenden! Aber wir setzen auf Mais, mit 70% Energieverlust? Wir sind Idioten!“

Mit “wir” meint er als Amerikaner sein eigenes Land. Und da ist es ja in der Tat so, dass die Ethanol-Produktion staatlich gefördert wird, und dass die amerikanischen Farmer tatsächlich auf Mais setzen. Also den Input mit der niedrigsten Netto-Energieausbeute. Warum? Sind die Amerikaner tatsächlich dumm?

(Hier würde jetzt eine Anspielung auf die amerikanische politische Führung passen, aber das ist mir gerade zu billig.)

Also: Natürlich sind die Amerikaner nicht „dumm“, weil sie bei der Ethanol-Produktion den Input mit der niedrigsten Netto-Energieausbeute wählen. Hier muss genau hingeschaut werden!

Erstmal der Fakt: Ethanol aus Zuckerrohr ist in der Tat die derzeit beste Alternative, wenn es um die Ethanol-Produktion geht. Punkt.

Die Herstellung von Ethanol aus Zuckerrohr kostet in Brasilien zwischen 25 und 35 Cents je „Benzinliter“ (das ist die Menge Ethanol, die die Energie von einem Liter Benzin liefert; bei Ethanol ist das ein bisschen mehr als ein Liter).

Problem nur: Zuckerrohr braucht genauso wie die Mittelmeerbewohner mindestens subtropisches Klima, um gedeihen zu können. Und das bieten die großen landwirtschaftlichen Flächen der USA einfach nicht.

In den „corn belts“ des Mittleren Westens ist das Klima gemäßigt. Das wiederum bedeutet, dass dort insbesondere Mais perfekt und in gewaltigen Massen wächst.

Und nun ist es einfach so: Selbst wenn die Netto-Energieausbeute bei der Ethanol-Herstellung aus Mais nur 10% beträgt, lohnt sich das angesichts der riesigen Maisernten im Mittleren Westen der USA für die Farmer dennoch.

Sie kommen so trotz der geringeren Ergiebigkeit immerhin auf Herstellungskosten von 40 bis 60 US-Cents je Benzinliter.

Und der Benzinpreis liegt in den USA bei aktuell umgerechnet 0,77 US-Cents je Liter (entspricht in etwa 2,87 Dollar je Gallone).

Die Ethanol-Produktion aus Mais lohnt sich also für die Farmer schon jetzt! Und das ist gut so, denn durch diesen Ansporn explodiert die US-Ethanolproduktion regelrecht.

Michael Vaupel





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