Re: Exakte Naturwissenschaft vs. Esoterik


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]


Geschrieben von Realo am 07. Mai 2001 16:25:57:

Als Antwort auf: Re: Exakte Naturwissenschaft vs. Esoterik geschrieben von Dr. Peter Augustin am 07. Mai 2001 13:33:13:

Hallo Herr Augustin,

> Sie sind ganz einfach zu widerlegen, weil Sie nur von Teilchen aber nicht vom Kontinuum reden

Ein Kontinuum erhalten Sie, wenn Sie ueber mikroskopsiche Strukturen mitteln.
Wenn sie ein Kristallgitter von weitem betrachten, erscheint es Ihnen als Kontinuum.
Das ist alles. Der Begriff "Kontinuum" spiegelt nur die Ignoranz des ausschliesslich an makroskopischen Phaenomenen interessierten Wissenschaftlers gegenueber mikroskopischen Substrukturebn wider.

> , welches in Gasen auch Elektronengasen (oder Wolken=Schrödinger) den kontinuierlichen Druck erzeugt.

Der Druck eines Gases ergibt sich automatisch aus der kinetischen Betrachtung einer grossen Menge von Gasmolekuelen. Auch die Temperatur eines Gases ist nichts anderes als die mittlere kinetische Energie der Gasmolekuele.

Elektronengase werden uebrigens hervorragend durch die Quantenstatistik beschrieben. (Ich vermute nicht, dass Sie als Laie wissen was das ist. Es ist aber Standardlehrstoff in jedem Physikstudium).
Bei Elektronengasen spielt zusaetzlich zur elektrischen Abstossung der sogenannte Paulidruck eine Rolle, der damit zusammenhaengt, dass Elektronen, da sie Fermionen sind, der Fermi-Dirac-Statistik unterliegen.

Das laesst sich alles prima mit Quantenstatistik berechnen.

> Im Juni werde ich in Berlin einen Vortrag halten, in dem ich den Gegensatz von Chemie und Physik und die Nahtstelle oder das Korrespondenzprinzip beider Wissenschaften, das Leben und die kontraktile Membrane, vorstellen werde. Sie sind herzlich ein geladen. Meine großen Vorbilder und gleichzeitig Feindbilder James Clerk Maxwell und Gauß werde ich kritisieren und loben.

Wie ich schon bemerkt habe, fehlt Ihnen eindeutig die fachliche Basis fuer eine fundierte Kritik an der Physik.

> Außerdem kann man jedem Teilchen eine Temperatur zu ordnen.

Wie gesagt, die Temperatur ist als statistische Groesse DEFINIERT.
Einzelnen Teilchen kann man nur kinetische Energien zuordnen.
Ihre oben stehende Aussage ist also unsinnig.

> Wenn Sie Temperatur makroskopisch messen, dann werden sie in Abhängigkeit von der Integrationszeit immer ein mehr oder weniger großes Chaos erhalten.

Das ist volkommener Unsinn! Temperatur wir NUR makroskopisch gemessen.

> Ich spreche deshalb nie gerne von Temperatur sondern immer nur von Wärmeeenrgie oder besser Druck, der nur von Wärme erzeugt werden kann.

So wie es eine eindeutige Definition fuer Temperatur gibt so gibt es eine eindeutige Definition fuer Waermenergie.
Der 1. Hauptsatz der Thermodynamik lautet:

dU = dQ + dA ,

wobei dU die innere Energie, dQ die zugefuehrte Waermeenergie und dA die Arbeit, die am thermodynamischen System verrichtet wird.
Es gilt hiebei:

dQ = T dS (T ist die Temperatur und dS der Entropiezuwachs ist).

Waermeenergie und Temperatur haengen also ueber die Entropie (welches eine Zusandsgroesse des Systems ist) zusammen.

Die Arbeit ist: dA = -pdV (p ist der Druck und V die Volumenaenderung)

Sie sehen, man muss sich schon an die Definitionen halten, sonst entsteht ein ziemlicher Salat.

> Wärme dehnt aus.

Diese Dinge werden alle prima durch die Thermodynamik beschrieben, die eine statistische Betrachtung von Vielteilchensystemen ist.

> Thermodynamik heißt Wärmebewegung, aber nicht Teilchenbewegung.

So, so? Was was ist denn Ihrer Meinung nach Waermebewegung anderes als die statistische Bewegung einer grossen Menge von Teilchen?

Es ist voellig absurd, was Sie da schreiben!

> Da kommen wir wieder zu Paradoxen, die Sie mit Ihrer Superspezialisierung auf immer neue Neutrinoformen niemals beantworten können.

Sie haben wirklich fundamentale Dinge nicht verstanden.

> Ich werde Sie nun prüfen. Ich stelle einige Fragen, die Sie mir beantworten sollen. Bis jetzt konnte das noch keiner so richtig. Es ist vor allem für eine Selbstprüfung von Herrn Dr. rer. nat. Realo bestimmt. Hier die Fragen.

>Biologenhauptprüfung - Wenn Ihnen einmal ein Medizinmann oder Biologe oder Neutrinophysiker oder Wissenschaftsjournalist begegnet, dann stellen Sie ihm folgende Fragen. Er wird sie entweder gar nicht oder falsch beantworten. Er wird vielleicht beantworten was Krebs ist, oder Schlaf, oder ein Neutrino dritter Art, aber wenn er diese Fragen nicht beantworten kann, liegt er fast sicher schief mit seinen Kenntnissen.

1. Welche Farbe hat das normale Wasser???

Farbe ist dasselbe wie das elektromagnetische Absorbtionsspektrum.
Wasser absorbiert stark im Mikrowellenbereich, weswegen Mikrowellengeraete gut funktionieren.
Im sichtbaren Wellenlaengenbereich ist Wasser im
wesentlichen transparent, also was unseren ziemlich miserablen Photodetektor "Auge" betrifft, farblos.

2. Warum kann sich Wasser in einer bestimmen Form zusammen ziehen???

Schwammig formulierte Frage!

Das Volumen von Wasser haengt vom aeusseren Druck und der aeusseren Temperatur ab.
(Siehe Phasendiagramme von Wasser.)

Das niedrigste Volumen hat Wasser bei einer Temperatur von 4 Grad Celsius. Eis hat ein etwas groesseres Volumen, da die Wassermolekuele hier
Kristalle bilden. Zu hoeheren Temperaturen hin steigt per definitionem(!!!) die kinetische Energie der Wassermolekuele und somit auch der Druck, der dann fuer eine Volumenvergroesseung verantwortlich ist.

Die Wechselwirkung zwischen Wassermolekuelen basiert auf der Tatsache, dass die Wasser molekuele elektrisch polarisiert sind, so dass es zu einer Dipol-Dipol-Wechselwirkung kommt.
Diese Wechselwirkung ist aber so schwach, dass
sich bei fluessigem Wasser keine stabilen Srukturen bilden koennen. Man findet also sehr schnelle Fluktuationen.

3. Wie ist diese Form beschaffen???

Diese Frage baut auf der vorhergehenden schwammig formulierten Frage auf.
Wasser kommt in 3 verschiedenen Aggregatzustaenden vor - Gas, Fluessigkeit und Festkoerper.

4. Warum ziehen sich Blasen nicht zusammen???

Dieses Phaenomen laesst sich auf die Wechselwirkung zwischen einzelnen Molkeulen zurueckfuehren. Diese Wechselwirkung ist auch fuer die Oberflaechenspannung von Fluessigkeiten verantwortlich.
Statistisch betrachtet kann man das Verhalten von Fluessigkeitsoberflaechen in der Regel auf ein Extremalprinzip zureuckfuehren.
Eine Fluessigkeit neigt dazu, seine Oberflaeche
zu minimieren.

5. Wie groß ist der Druck in einem atomkerngroßen Tropfen oder einer eben so großen Blase???

Druck ist per definitionem ein statistische Begriff, der natuerlich fuer einzelne Atome seine Gueltigkeit verliert und nur fuer eine grosse Menge von Atomen oder Molekuelen gilt

6. Warum kann das Leben Kohlenstoff nicht in elementarer Form verarbeiten???

Das geht mir zu weit in Richtung Chemie und Biologie, fuer die ich im Gegensatz zur Physik kein Experte bin.

Die Chemie aber uebrigens nichts anderes als eine effektive, physikalische Theorie der Elektronenhuelle von Atomen und Molekuelen.

In der Chemie wird die Physik allerdings in der Regel grob vereinfacht. Auch wenn Atome und Molekuele natuerlich quantenmechanische Objekte sind, werden sie in der Chemie meist durch effektive Modelle ersetzt.
Der Auffwand, z.B. das Verhalten von Makromolekuelen auf Basis der Quantenmechanik zu berechnen waere sonst einfach zu gross.

7. Warum bestehen die Gehirnnervenzellen zum größten Teil aus Muskelgrundstoff oder Aktin???

Das ist eine Frage fuer einen Biologen oder Mediziner. Ich bin sicher, dass entsprechende Fachleute Ihnen da weiterhelfen koennten.
Meine fachliche Kompetenz beschraenkt sich auf die Physik und zu einem grossen Teil auf die Mathematik.

Ich kenne meine fachlichen Grenzen!

8. Welcher Stoff trägt die Gewitterenergie???

Gewitterenergie ist elektromagnetische Energie.
Elektromagnetische Energie wird durch Photonen vermittelt, welche die Quanten der elektromagnetischen Wechselwirkung sind.

Bei einem Gewitter kommt es zu einer Entladung aufgrund einer elektrischen Potentialdifferenz zwischen hoeheren Atmosphaerenschichten und
der Erde. Das ist nichts anderes als ein Kurzschluss.
Der "Stoff" der die Energie traegt, aus dem also das elektrische Feld besteht, sind die Photonen.

Die beste fundamentale Theorie der elektromagnetischen Wechselwirkung ist die Quantenelektrodynamik, in denen die Photonen sauber mathematisch beschrieben werden und welche
Vorhersagen bis zu einer Praezision von 1:10000000000 macht.

Ein Gewitter kann man aber schon prima mit dem guten alten Maxwell beschreiben. In der Maxwellschen Theorie (klassische Elektrodynamik) werden die Photonen durch den
Begriff des elektrischen Feldes ersetzt.

9. Warum verbraucht ein glatter Muskel so irre wenig Sauerstoff beim schuften???

Das ist wieder eine Frage, die nicht meinen Kompetenzbereich faellt.

10. Warum zittern Pflanzenstengel an allen Stellen im Gleichtakt???

(siehe 9.)

11. Was ist Turgordruck und Gehirndruck???

(siehe 9.)

12. Was ist Chiralität???

Chiralitaet ist Haendigkeit. Einfach ausgedrueckt, der Unterschied zwischen Links- und Rechtsschrauben. In der Natur findet man z.B. nur linkshaendige Neutrinos und rechtshaendige Antineutrinos (Paritaetsverletzung). Chiralitaet ist in der Teilchenphysik als der Eigenwert zum Operator Gamma5 definiert. Im Falle masseloser Neutrinos ist Chiralitaet dasselbe wie Helizitaet, welches die Projektion des Spins auf die Impulsrichtung ist.
Linkshaendige Neutrinos sind demnach Neutrinos, bei denen ihr Spin entgegen ihre Impulsrichtung zeigt. Bei rechtshaendigen Antieutrinos zeigt hingegen der Spin in Impulsrichtung.

Den Begriff der Chiralitaet gibt es auch in der Chemie. Z.B. findet man in der Natur gewisse Proteine nur mit einem gewissen Schraubensinn (Chiralitaet) und nicht mit dem entgegengesetzen.

> Beantworten Sie diese Fragen und wir können uns um Gott und die Welt streiten. Beantworten heißt aber nicht nur die Worte finden sondern auch die Frage nach dem warum. Für mich eine Kleinigkeit. Für Sie???

Ihre pseudophysikalischen Theorien sind keine Antworten. Quantitative Vorhersagen koennen Sie nicht liefern.
Was uebrig bleibt, ist heisse Luft.

> Auch noch eine Frage an den Physiker: Was ist eine negative Blase im nicht euklidischen System???

Eine Euklidische Manigfaltigkeit ist nichts anderes als ein Spezialfall einer Riemannschen Manigfaltigkeit und zwar der Spezialfall einer fuer alle Punkte der Manigfaltigkeit konstanten, diagonalen Metrik diag(1,1....1).
Die Kruemmung (definiert durch den Riemannschen Kruemmungstensor) einer solchen euklidischen Manigfaltigkeit verschwindet.

Eine allgemeine, also nichteuklidische Manigfaltigkeit ist natuerlich gekruemmt.
Z.B. ist eine zweidimensionale Kugeloberflaeche (S2) ein einfaches Beispiel fuer eine Manigfaltigkeit mit einer nichteuklidischen Metrik. Die Kruemmung ist hier zwar auch konstant aber positiv . Entsprechend lassen sich auch Manigfaltigkeiten mit negativer oder in einem kleinen Bereich negativer Kruemmung mathematisch formulieren. Blasen mit negativer Kruemmung sind also auch formulierbar.
Das ist mathematisch uebrigens moeglich in beliebigen Dimensionen.

Um diese Sache zu verstehen, empfehle ich Ihnen ein Einfuehrungsbuch in die Differentialgeometrie.
Dort werden Ihnen Begriffe wie topologischer Raum, Manigfaltigkeit und Riemannsche Manigfaltigkeit genau erklaert. Diese Begriffe spielen uebrigens
in der allgemeinen Relativitaetstheorie eine fundamentale Rolle.

> Was ist eine Mindestverschiedenheit in der Mathematik. Warum gibt es reelle Zahlen wenn sie nicht abzählbar sind???

Man kann diese Dinge eindeutig mathematisch definieren. Sich unendliche Mengen vorzustellen, ist natuerlich nicht einfach. Rein intuitiv ist die Menge der ganzen Zahlen genauso gross wie die der reellen, naemlich unendlich. Mathematisch kann man zeigen, dass sich die Maechtigkeit beider Mengen unterscheidet.
Uebrigens hat jedes beliebige endliche Intervall, z.B. [0,1] der reellen Zahlen die Maechtigkeit des Kontinuums und somit dieselbe MAechtigkeit wie die gesamten reellen Zahlen.

Intuitiv verblueffend? Vielleicht, aber dafuer mathemtisch sauber bewiesen.

> Alles voller Widersprüche.

Keineswegs, Herr Augustin! Nur erfordert das Verstaendnis einiger Dinge mehr als ein Biologiestudium und das Interesse eines Laien.

Ich bin z.B. in der Biologie nur ein interessierter Laie.

Die richtige Selbsteinschaetzung ist eine wesentliche Voraussetzung, sich nicht zu verrennen.

MFG,

Dr. rer. nat. Realo (Elementarteilchenphysiker)




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