Was an Güssing und Freiamt so besonders ist


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]


Geschrieben von Emil am 30. März 2007 12:54:05:

So, da ich diese Woche so viel über CO2 geschrieben habe…

…möchte ich zum Abschluss der Woche einmal darauf hinweisen, wie man es auf lokaler Ebene auch machen kann.

Zwei Ortsnamen dazu: Güssing und Freiamt.

Güssing ist ein kleines Städtchen im österreichischen Burgenland, am Rande eines Vulkankegels gelegen (auf diesem thront romantisch die gut erhaltene Burg Güssing inkl. gotischer Burgkapelle).

Freiamt ist auch ein kleines Städtchen, im südbadischen Schwarzwald. Eine wildromantische Burg kann dieser Ort nicht vorweisen, die lokalen Sehenswürdigkeiten sind mit Aussichtsturm, Heimatmuseum und jährlicher „Beach Party“ doch etwas bescheidener.

Darum geht es in diesem Beitrag aber auch gar nicht. Es geht darum, dass sowohl Güssing als auch Freiamt Gemeinden sind, die energiepolitisch völlig autark sind. Sie erzeugen ihren Strom komplett selbst, und zwar ausschließlich mit erneuerbaren Energien.

Nehmen wir Güssing: Da beschloss der Gemeinderat im Jahr 1990, autark zu werden und aus der fossilen Energie völlig auszusteigen. Dieses Ziel wurde vollständig erreicht! Und zwar hauptsächlich durch Biogas. (In Biogasanlagen verrottet Biomasse wie Laub, Erntereste oder auch Mais, durch die Gärung wird Energie und Wärme erzeugt). Mittlerweile erzeugt Güssing auf diese Weise rund das Doppelte der Energiemenge, die die Stadt benötigt. Und es wurden auf lokaler Ebene Arbeitsplätze geschaffen.

Dann Freiamt. Auch da wird mittlerweile mehr Energie erzeugt, als die Stadt selber nutzt. Hier sorgten eine Vielzahl von Maßnahmen für diesen Erfolg:

Im Städtchen sind 100 Photovoltaikanlagen (zur Stromerzeugung) und 150 Sonnenkollektoren (zur Warmwasserbereitung) aufgestellt.
Die Abwärme, die bei den Landwirten beim Abkühlen von frischer Milch entsteht, wird zur Erhitzung von Wasser genutzt (anstatt wie sonst üblich einfach ins freie abgelassen zu werden).
4 Windkraftanlagen mit zusammen etwa 7,4 MW Leistung sorgen für Strom. Hier haben sich die Bewohner in einem Verein zusammengeschlossen, welcher die Windkraftanlagen betreibt. Diese werden also gemeinschaftlich betrieben. Das knüpft an die gute alte germanische „Allmende“-Tradition an. (Allmende, damit ist im Besitz einer Dorfgemeinschaft befindliches Allgemeingut gemeint, welches der Gemeinschaft insgesamt zugute kommt).
Und auch in Freiamt setzt man auf Biogas. Eine Anlage ist in Betrieb, liefert erfolgreich Wärme und Energie. Eine zweite wird geplant. Da Freiamt seinen Bedarf schon mehr als gedeckt hat, könnte die zusätzliche Strom ins öffentliche Netz eingespeisen. So würde die Gemeinde sogar Monat für Monat netto zusätzliche Einnahmen erzielen können.
Finde ich richtig klasse! (Die großen Energiekonzerne wahrscheinlich weniger).

*** Das ist doch ein richtiger Weg auf kommunaler Ebene. So können mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden (nach Amortisation der anfänglichen Investitionen ein finanzielles Erfolgsmodell, die Bewohner können über steigende Heizölkosten nur müde lächeln, und gerade die lokalen Handwerker dürfen sich über zahlreiche Aufträge freuen.)

Also, falls Sie Stadtratsmitglied in einer kleineren Stadt oder Gemeinde sein sollten: Wäre das nicht für Ihre Gemeinde eine Überlegung wert?


von Michael Vaupel





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