Re: WAS hast Du denn gegen Vitamine und Vitalstoffe?


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Geschrieben von Realo am 28. August 2001 13:43:35:

Als Antwort auf: WAS hast Du denn gegen Vitamine und Vitalstoffe? geschrieben von Hans T. am 27. August 2001 19:11:46:

Leider wurde mein rein informativer Beitrag geloescht. Hier ein informativer Artikel zu dem Thema:

Vitaminverkauf im Schneeballsystem

"Zellularmedizin" aus Holland wird über Beraternetz vertrieben / Als
Medikament nicht zugelassen

Von Monika Jäger

Minden

(mt). Heilsbringer? Guru? Scharlatan? Mit seiner Lehre von hoch konzentrierten Vitaminen hat Dr. Matthias Rath begeisterte Anhänger und erbitterte Gegner gefunden. Auch in Minden werden die umstrittenen Produkte beworben.

"Zellularmedizin" nennt sich die Theorie des vom holländischen Almelo aus agierenden Internisten. "Warum bekommen Tiere keinen Herzinfarkt" ist bei Anhängern vielzitierter Titel einer der zahlreichen Publikationen Raths, und er behauptet unter anderem, die "erste patentierte Therapie der Welt zur natürlichen Umkehr der Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen" entwickelt zu haben.

Alles dreht sich um eine breite Palette von Produkten mit Namen wie "Vitamin-Zell-Komplex", "Metavicor" oder "ImmunoCell". Sie sind auf unterschiedliche Befindlichkeitsstörungen anzuwenden und sollen Menschen Besserung und Linderung bringen. Sie gehören in die Produktgruppe von Nahrungsergänzungsstoffen, etwa wie schlichte Kalzium-Brausetabletten aus dem Supermarkt auch. Ein dichtes Beraternetz sorgt dafür, dass die Lehre Raths in immer weiteren Kreisen bekannt wird (siehe weiteren Artikel auf dieser Seite). Auch in Minden gibt es immer mal wieder Informationsveranstaltungen; unlängst hat sich hier auch ein "Informationskreis Zellularmedizin Minden" gebildet, der unter anderem anbietet, über den Einfluss von Vitamin C auf das Immunsystem zu informieren. Eine öffentliche Veranstaltung ist für den 19. Mai, 20 Uhr, im Haus Carstensen angesetzt. Als Ansprechpartner stellt sich unter anderem der Inhaber einer Mindener Massagenpraxis zur Verfügung.

Diese Berater halten unter anderem eine Fülle von Informationen über Menschen bereit, die eine Besserung ihres Befindens auf die Rathschen Produkte zurückführen - und viele dieser überzeugten Anhänger sind auch auf den entsprechenden Veranstaltungen zu finden.

Rath selbst jedoch zieht es vor, sich in Deutschland kaum blicken zu lassen. Stattdessen hat er einige Videos produziert, die unter anderem ihn selbst zeigen, wie er flammende Reden gegen das "Internationale Pharmakartell" hält. Dieses,
sind Raths Anhänger überzeugt, hat sich in weltweiter Verschwörung zum Ziel gesetzt, die Menschen krank zu halten, um weiter teure Medikamente verkaufen zu können.

Raths selbst bringt allerdings ebenfalls teure Nahrungsergänzungsmittel an den Mann, in großen Mengen produziert in Holland, wo sie trotz hoher Vitaminkonzentrationen in Geschäften problemlos als Nahrungsmittel verkäuflich sind. Der clevere Mediziner nutzt hier ein europäisches Schlupfloch aus. Denn einheitliche Regelungen zu Nahrungsergänzungsmitteln sind zwischen den Mitgliedsstaaten der EU noch zu vereinbaren. In Deutschland sind seine Produkte nicht zu kaufen - Interessenten müssen sie bei den Beraterinnen und Beratern bestellen. Denn in Deutschland gelten andere Richtlinien: Hier sind die Rathschen Präparate wegen der hohen Konzentrationen Medikamente. Und müssten als solche
zugelassen werden - was sie nicht sind.

Kritiker der Rathschen Vitaminlehre setzen zum einen an den Inhaltsstoffen an. Professor Dr. Roland Bitsch, Experte am Lehrstuhl für Humanernährung der Universität Jena, hält Rath für einen "Scharlatan": "Der Nutzen ist nicht erwiesen. Die Präparate sind überteuert und überdosiert." Denn bei wissenschaftlichen Untersuchungen hätten sich ganz und gar nicht gesundheitsfördernde Nebenwwirkungen nach Einnahme hoher Vitamin-C-Dosierungen gezeigt - unter anderem Verdickungen der Halsschlagader. Bitsch: "Anzudeuten, die Präparate hätten eine therapeutische Wirksamkeit für Krebskranke, ist eine Unverschämtheit".

Auch das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz hat einige von Raths Präparaten unter die Lupe genommen - so im Juli vergangenen
Jahres. "In Deutschland nicht verkehrsfähig" - so das Urteil der Mediziner dort, erklärt BgVV -Pressesprecher Thomas Schlicht. "Die Vitamindosierungen, die Rath selbst angibt, liegen zum großen Teil deutlich über den hier geltenden
Bestimmungen." Folge: Raths Produkte müssten als Arneimittel angemeldet sein.

"Ein Antrag auf Zulassung ist hier nie gestellt worden", erklärt auf MT-Anfrage Dr. Christian Steffen, Fachgruppenleiter am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. "Und dafür müsste Rath Belege für die Wirksamkeit bringen."

Aus diesem Grund ist in Deutschland der Verkauf von Rath-Mitteln illegal - auch wenn er eine große Anhängerschaft besitzt, die per Post oder Internet
in Holland ordern (Steffen: "Der hat was von einem Guru").

Obendrein haben sich seit zwei Jahren auch Berliner Anwälte auf die Spur des Wahl-Holländers
gesetzt, um den Vertrieb seiner Produkte zu unterbinden. Der Grund: Raths Werbetätigkeiten. Zum einen gehen seine Angebote mit "Heilungsversprechungen" einher, erklärt Steffen. Das darf nicht sein. Zum anderen hat Rath Postkarten verteilt, auf denen drastisch zu sehen ist, wie sich Arterienwände angeblich durch zuwenig Vitaminzufuhr verändern. Solche Darstellungen im Zusammenhang mit der Werbung für Nahrungsergänzungs- oder Arzneimittel sind in Deutschland ebenfalls illegal.

Drittens behauptet Rath, er und seine Produkte würden durch eine weltweite Verschwörung, das Pharma-Kartell oder den "Codex Alimentarius",
verfolgt. Bei diesem handelt es sich allerdings schlicht um ein weltweites System von Normen für Lebensmittel, das die Welternährungs- und Landwirtschaftskommission und die Weltgesundheitsorganisation erarbeiten. Eine Gruppe davon befasst sich auch mit Nahrungsergänzungsmitteln. Zu deren nächsten Tagung in Berlin unter Vorsitz des BgVV hat Rath seine Berater und Anhänger zu Demonstrationen aufgerufen.
Das Berliner Landgericht hat bereits im November 1998 auf Antrag des dortigen Verbandes Sozialer Wettbewerb - eines Abmahnvereins - eine
einstweilige Verfügung erlassen, nach der Rath die Art der Werbung für seine Waren und Vertrieb acht verschiedener Produkte untersagt wird. Doch das
Vertriebsnetz floriert weiter.





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