Re: Fünfte Dimension


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]


Geschrieben von Gabi am 04. Oktober 2004 01:01:23:

Als Antwort auf: Re: Fünfte Dimension geschrieben von Nordwind am 03. Oktober 2004 23:35:55:

>dazu möchte ich sagen, das du sehr eingebildet auf mich wirkst.

Kann sein, dass ich eingebildet bin, inzwischen. Na und ?
Und was bist Du ? Ein übermütiges Kind, das gern mit dem Feuer spielt. Aber Dein Buch brennt später in vielen zitternden Herzen.

>Wer seine Wurzeln anzweifelt, verleugnet seinen Ursprung. Denn auch die Zukunft ist die Vergangenheit nach der Gegenwart.

Wie alt bist Du denn, dass Du so über Wurzeln sprichst ?

Diese Bücher waren die besten, die für mich erreichbar waren. Lem erschien mir genial. Später habe ich 2 Jahre in Warschau gelebt (dienstlich durch meinen Mann), voller Neugier auf die Menschen, die so einen Autor unter sich haben/hatten. Ich war dann enttäuscht, und wusste nichtmal warum. Allen ging es nur um Image und Feiern, die meisten hochintelligent, aber egozentrisch, sie kannten zwar den Namen Lem, aber nicht die Bücher. JEDE Frau musste mich darauf hinweisen, dass mein Mantel längst aus den Mode sei.

Ich hatte auch Gelegenheit, die "Russische Seele" kennenzulernen. Ganz anders, viel angenehmer für mich. Man sieht sich in die Augen, nicht auf den Mantel. Es waren eh alles dieselben Wolljacken. Man sinniert über Leben und Tod und das Dazwischen, bei Sto Gramm Wodka fliegt der Geist. Der Natschalnik (Gorbatschov damals) kümmert sich um alles, man war rundum zufrieden und versorgt. (Das soll ja nun dort anders sein.)
Warum schreibe ich das ? Wegen dem Buch: "Der Tag zieht den Jahrhunderdertweg" Autor: Aitmatow. Ich las es mit 27. Jeder würde heute sagen: Totaler Langweiler. Keine action, da ziehen ein paar Leute auf Kamelen durch die Steppe, um einen Toten zu begraben und jeder macht sich so seine Gedanken. Sie leben am Ende der Welt, freiwillig, wo man eigentlich nur Strafgefangene hinschicken könnte. Es geht um die Wurzeln. Um die kulturellen und moralischen Werte einer Gesellschaft. Seit diesem Buch habe ich angefangen zu suchen, nach den eigenen Wurzeln, und nach vernünftigen Zielen. An Passagen aus diesem Buch denke ich heute noch sehr oft. Es war nicht schillernd-geistreich, es war geistvoll. Der Autor hat eine ganze Philosophie vermittelt, hinter der eine riesige Lebenserfahrung steckt. Er hat etwas bewirkt. Er hat bewirkt, unser hektisches Leben nach seinem Sinn zu hinterfragen, möglichst jeden Tag. Und besonders dann, wenn es um die Qualität der Arbeit geht, die geforderte und die geleistete. Ist es das Geld wert, jede Art von Auftrag auszuführen ? Ich meine jetzt nichts Ungesetzliches. Ich meine geistige Tätigkeiten, die keinen Spaß machen, und die andere auch nur beschäftigen sollen, sie abhalten sollen vom Nachdenken, vom Zeit haben, vom Gesundsein, vom eigentlichen Leben eben. Und was ist mit der Arbeit, die keiner machen will, aber die wirklich gebraucht wird, damit es zu keiner Katastrophe kommt ? Diese Leute in der Steppe hatten einen Schienenabschnitt der transsibierischen Eisenbahn eisfrei zu halten. Es hat ihre ganze Kraft gekostet. Sie bekamen fast nichts dafür, sogar am Ende ein Atombombentestgelände vor die Nase. Sie wussten, es wird keinen Dank geben, aber sie hätten es wieder gemacht. Weil es trotz allem sinnvoll war.

Ein Buch, das Angst macht, auch wenn es spannend ist, ist moralisch gesehen (mindestens) überflüssig.

MfG
Gabi




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