Re: Diese Aussage ist unbeweisbar


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]


Geschrieben von Emil am 27. November 2007 13:26:05:

Als Antwort auf: Re: Diese Aussage ist unbeweisbar geschrieben von Sekundat am 26. November 2007 16:56:02:

>Hi Emil,
>ich gestehe, von Mathe nicht allzuviel zu verstehen, aber denken kann ich gut.
>>wenn mich nicht alles täuscht (ich bin nur "angelernter" Mathematiker) gerät
>die Mathematik immer dann in Schwierigkeiten, wenn es um Eigenschaften von
>All-Quantoren geht (Die Menge aller Mengen, z.B. mit der Überbrückung des
>Problems durch das Zermelo-Auswahlaxiom);
>Aha, der Herr ist also Physiker, vermutlich habilitiert.
>>da man den Begriff Gott wohl immer mit einem Allquantor identifiziert (allmächtig)dürfte es zu Problemen kommen: "Wenn Gott allmächtig ist, müßte er in der Lage sein, einen Stein zu schaffen, der so schwer ist, daß er ihn nicht heben kann" - wird oft von IT-Personal angeführt.
>Ein Wesen das allmächtig ist, ist per Definition fähig jede denkbare Aufgabe durchzuführen. Eine unlösbare Aufgabe kann per Definition kein Wesen durchführen. Da es unlösbare Aufgaben gibt, kann es kein allmächtiges Wesen geben. Allmacht ist eine in sich widersprüchliche Vorstellung.
>1. Kein Wesen (auch kein Gott, egal ob er nun Jude, Moslem, Franzose oder Hindu ist) kann eine Aufgabe durchführen, die per Definition unmöglich ist. Z.B. kann kein Alien machen, dass ein Drittel aller Junggesellen verheiratet ist. Wenn ein Mann verheiratet ist, ist er per Def. kein Junggeselle mehr. Es wird auch niemals einem Menschen (oder Alien oder Gott) gelingen, ein Dreieck mit 4 Ecken zu konstruieren, u.s.w.
>2. Kein Wesen kann eine in sich widersprüchliche Aufgabe erfüllen. In sich widersprüchliche Aufgaben bestehen aus zwei Teilaufgaben, wobei die Erfüllung des einen Teils beweist, dass der andere Teil unerfüllbar ist. Z.B. kann kein Gott ein Naturgesetz erfinden, das von solcher Allgemeingültigkeit ist, dass er es selbst nicht außer Kraft setzen kann. Nehmen wir an der Gott hätte ein solches IMMER gültiges Naturgesetz erfunden, dann wäre der Gott nicht allmächtig, weil er ja dieses Naturgesetz nicht beugen kann. Wenn dieser Gott jedes erfindbare Naturgesetz beugen kann, dann kann er kein unbeugsames Naturgesetz erfinden und ist damit nicht allmächtig.
>3. Kein Wesen kann eine Aufgabe lösen, die mathematisch bewiesen unlösbar ist. Z.B. hat Galois 1830 bewiesen, dass niemand einen beliebigen Winkel allein mit Hilfe eines Zirkels und eines Lineals (ohne Markierungen) 3-teilen kann; 2-teilen oder 4-teilen geht, aber 3-teilen geht nicht. Wir können uns natürlich Aliens vorstellen, die eine ganz andere und viel komplexere Mathematik als wir Menschen haben, aber auch sie hätten sich der „kleinen Logik“ von uns Menschlein zu beugen.
>Ich kann mich an eine Diskussion mit zwei Katzen erinnern (gebildete Katzen können gut bis Zehn zählen). Meine Katze meinte nachgewiesen zu haben, dass es unmöglich ist, bei einem Umzug von einer Wohnung in eine andere, anschließend mehr Junge zu haben als zuvor. Man muss wissen, Katzen ziehen zur Sicherheit immer mal wieder um und tragen dabei auf jedem Weg zur neuen Wohnung jeweils ein Junges im Maul - manchmal auch eins zur alten Wohnung zurück. Stets achten sie darauf, kein Junges zurückzulassen. Meine Philosophenkatze hatte sich nun Gedanken gemacht, ob es möglich wäre, dass nach dem Umzug nicht weniger oder genauso viele Jungen im neuen Bau sind, sondern mehr als zuvor. Und klug wie sie war, war sie zum richtigen Schluss gekommen und verallgemeinerte diesen sodann auch auf uns Menschen (auch wir ziehen manchmal um). Die Nachbarskatze kommt nach meinem Nachbarn und ist mehr religiös veranlagt. Sie sagte zu meiner Philosophin doch tatsächlich: „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sich ein Mensch an Deine kleine Katzenlogik halten muss. Menschen wissen und können so unbegreiflich viel mehr als wir Katzen, dass sie bestimmt irgendwie in der Lage dazu sind. Aber ich bin nur eine Katze und kann natürlich nicht sagen, wie sie das machen.“ So kamen die beiden nun zu mir, um den Streit zu schlichten.
>>also, um es kurz zu machen, Gottesbeweise sind wahrscheinlich nur mentale
>Spielereien - überlag doch mal - die Mathematik arbeitet auf der Basis
>wohldefinierter Größen, also ist Gott eine solche?
>Nein, sicherlich nicht. Aber die Naturwissenschaft arbeitet über Eigenschaften und das reicht schon völlig aus, um theoretisch zu widerlegen, dass es einen Gott geben kann, der allmächtig ist (s.o.). Die Natur zeigt uns sogar, dass man experimentell beweisen kann, dass es keinen Gott geben kann, der zugleich allmächtig und gut ist (Theodizeeproblem).
>>wenn man tatsächlich beweisen könnte, daß Gott existiert, hätte man dann Gott
>nicht auf eine mathematische Größe wie z. B. die Zahl Pi reduziert? Würde dann nicht die Mathematik Gott ersetzen?
>Da überschätzt Du aber die Mathematik gewaltig. Sie kann ja noch nicht einmal eine Ameise beschreiben und die gibt es ja nun wirklich. Ich halte es aber nicht für ausgeschlossen, dass man einen mächtigen Gott eines Tages experimentell nachweisen könnte (wenn es eine solchen tatsächlich geben sollte). Nehmen wir mal an, es würde sich experimentell beweisen lassen, dass Quantenereignisse zwar objektiv zufällig sind, ihnen aber eine moralische Qualität zukommt. Ja dann, ...
>>Was nun Gödels Beweis angeht, kann es durchaus sein, daß sich kein Modell
>finden läßt, das in unserer Realität Sinn macht; das würde aber wieder zu ihm
>passen, wo er doch auch an der Existenz der linearen Zeit gezweifelt hat;
>Du bist doch Physiker. Geht die Mehrheit der Physiker inzwischen davon aus, dass die Zeit eine komplexe Größe ist oder ist für sie eine komplexe Zeit lediglich ein bequemes Rechenmittel?
>>daß dies für ihn nicht nur intellektuelle Spielerei sondern echtes eigenes
>Erleben gewesen sein könnte, wird auch durch Kommentare von Kollegen gestützt,
>die von ihm behaupteten, daß er eine Frage schon dann zu beantworten pflegte,
>noch bevor sie verbalisiert worden war.
>Das kann ich auch, weil ich die Menschen kenne und das Gebiet über das ich rede. So etwas nennt man gute Didaktik.
>>Schamanen z. B. formulieren gewöhnlich ihr Wissen nicht in logischen Aussagen
>sondern in Paradoxien (siehe auch Koans in der orientalischen Esoterik).
>Hmm, sind die nicht alle irgendwie religiös, d.h. geistig verwirrt? Wissen ist Macht; was können denn die Religiösen mit ihrem Wissen machen, dass nicht von Wissenschaften, z.B. der Psychologie oder Medizin, ebenso gut oder besser gemacht würde?
>>es ist durchaus möglich, daß der Bereich mathematischer Modelle ein winzig
>kleiner Realitätsbereich ist.
>Heutiger Mathematik und Physik, aber selbst der kleinen Katzenlogik muss sich auch der größte Gott beugen.
>mfg
>Sekundat

Hi Sekundat,

über Gott irgendwas Sinnvolles zu sagen ist schwierig, das wußten bereits die
alten Inder; siehe die Theologie der Negation; alle heutigen Gottesvorstellungen
sind nur mentale Konstrukte, die dem Bedürfnis nach Idealisierung diesseitiger
Verhältnisse entsprungen sind; je höher die Kulturstufe einer Menschheit, umso
abstrakter auch die Ideen von Gott; die Alten Griechen widmeten dem "Unbekannten
Gott" ein Denkmal; die Priester des Alten Ägypten sahen in der Sonne ein Symbol
für Den Ewigen usw. Religionen sind nur organisierte Formen für solche
Bemühungen, die zu Dogmen erstarrt sind; das heißt die Mitglieder glauben im
ungünstigsten Fall an ein heiliges Buch oder an Heilige anstatt an die Kraft,
die hinter allem steht; diese Kraft ist aber in uns selbst angelegt und will
erweckt werden(siehe die Texte von Eingeweihten wie Plato, Moses, Rumi, ...)

eine schöne Geschichte zu dem Thema findet sich auch bei Jorge Luis Borges
"Das Aleph"; im Sinne der "Tales of Power" von Castaneda:
"die Inschrift des Gottes" in welcher die "Auferstehung" eines Indianer-
Priesters beschrieben wird;

bevor er stirbt, sieht er das Rad der Zeit(wohl ein Beispiel für nichtlineare
Zeit) und erkennt die "feurigen(geistigen) Pläne des Universums;

ich denke, daß solche Geschichten mehr über die "mögliche Zukunft" der
Menschheit aussagen als alle Mathematik, Physik und Rabulistik darüber zusammen.

in diesem Sinne: Gödel ist kein Dödel und Bach macht kein Krach lol.






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