Wirtschaft: Neues zur Inflation


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]


Geschrieben von Emil am 05. Januar 2006 13:51:24:

Ich freue mich, bekannt geben zu dürfen, dass das Inflationsmonster gefangen wurde und jetzt in einem Marmeladenglas steckt.

Diese erstaunliche Bekanntmachung fand ich auf der Webseite der Europäischen Zentralbank (EZB). Dazu gibt es auch ein kurzes Video, das die EZB in Zusammenarbeit mit den Zentralbanken der Mitgliedsländer entwickelt hat und ein Infopaket mit dem Titel: "Preisstabilität, warum sie wichtig ist." in allen Sprachen Europas. Die Zielgruppe sind Teenager und Lehrer.

Auch wenn das Video sehr unterhaltsam ist, ist es als Lehrmaterial sicherlich ein Flop, es sei denn, das Lernziel ist die Propaganda der EZB für die EZB.

Dummerweise erklärt das Video nicht, dass der wahre Ursprung der Inflation das von den Zentralbanken neu in Umlauf gebrachte Geld ist. Es erklärt auch nicht, warum 2 % ein so gutes Inflationsziel ist. Und zuletzt wird auch nicht erklärt, wie die Preise in allen Bereichen unter Kontrolle gebracht werden können, indem man die kurzfristigen Zinssätze festlegt.

Diese Dinge werden nicht erklärt, weil sie nicht erklärt werden können.

Warum liegt die angestrebte Inflation bei 2 % und nicht bei 1 % oder 3 %? Warum soll man überhaupt Inflation anstreben? Selbst wenn es aus dem einen oder anderen Grund schlau sein mag, bestimmte Preise anzustreben, dann bleibt trotzdem noch die Frage, ob Preise überhaupt so genau bestimmt werden können. Was können Zentralbanken tun, um die Verzögerungseffekte der monetären Straffungen und Lockerungen zu umgehen? Ist es einfach nur das stille Vertrauen, dass man "neutral schon erkennen wird, wenn man es vor sich hat."

Das Problem ist natürlich in erster Linie, die Preise überhaupt beeinflussen zu wollen. Manchmal fließt das Geld in Häuser, Aktien und Anleihen, anstatt in Güter und Dienstleistungen. Manchmal vertuschen Produktionssteigerungen die Inflation. Manchmal vertuschen sinkende Rohstoffpreise die Inflation. Sicher, ich spreche hier von der "wahren Inflation" die gemessen wird anhand der Zunahme der Geldmenge, im Gegensatz zu der schmeichlerisch angepassten Preisinflation, wie sie durch die Augen der Zentralbanker gesehen wird.

Im letzten Abschnitt geht es um genau die Dinge, die dazu geführt haben, dass Greenspan heute wie ein Idiot dasteht. Ab Mitte der Neunziger bis zum Ende des Jahrzehnts wurde die "wahre Inflation" (ein um sich greifender Anstieg der Geldmenge) durch Produktivitätsverbesserungen, durch sinkende Ölpreise und durch die sinkenden Kosten für Produkte aus Asien maskiert. Greenspan sprach von einem "Produktivitätswunder". Es war wirklich ein Wunder. Exzessive Anstiege der Geldmenge befeuerten die Spekulationsblase am Aktienmarkt von 2000 und gingen in das sinnlose Geschwätz über "neue Paradigmen" über. Wegen der Panik "was tun, wenn die Blase platzt?" machte Greenspan ein paar seiner geliebten Anpassungen und sorgte so dafür, dass die ausstehende Rezession nicht ihren Lauf nehmen konnte. Stattdessen kürzte er die Zinssätze auf 1 % und feuerte so die größte Immobilienblase an, die die Welt je gesehen hat. Und jetzt stehen wir drei Jahre später wieder da, vor uns ein "neues Paradigma" in Sachen Immobilien und Verschuldungen sowohl beim Verbraucher als auch bei den Regierungen, die noch weit schlimmer sind.

Greenspan wird bald das Feld räumen und Bernanke wird ihn ablösen. Wie die EZB will auch Bernanke das Inflationsziel auf 2 % legen. Ich habe einen guten Rat für ihn: Es wird nicht funktionieren.

Es gibt keinen Menschen mehr auf dieser Erde, der einen Preisanstieg von 2 % erkennen würde, selbst wenn er ihm direkt vor der Nase stünde. Das liegt an den hedonistischen Anpassungen, an dem Unsinn über Kerninflation und Nicht-Kerninflation, an den angeblich zugrunde liegenden Wirtschaftswissenschaften, der Art, wie die Gesundheitsausgaben heruntergespielt werden und an der riesigen Diskrepanz zwischen den Mietpreisen und den Kosten für den Hausbesitz

Schlimmer noch sind für die "Inflationsbekämpfer" die Energiekosten. Ein Grund, warum die Energiekosten steigen, ist, dass die Ölförderung den Gipfel überschritten hat. Ein anderer Grund für die steigenden Ölpreise sind die geopolitischen Spannungen. Ein dritter Grund für die gestiegen Preise sind die Versorgungsunterbrechungen. Und zu guter Letzt ist die Nachfrage nach Öl und Erdgas relativ unelastisch. Wenn die Preise steigen, müssen die Leute wohl oder übel zahlen. Um das Ziel, den Verbraucherpreisindex bei 2 % zu belassen erreichen zu können, müssen die Zentralbanken die Zinsen auf unvernünftig hohe Sätze anheben, solange die Energiepreise in die Berechnungen mit einfließen. Das wäre sicherlich keine gute Politik. Die Wurzel des Problems liegt in der Annahme, dass es besser sei, den Preisen ein Ziel zu setzen, anstatt von Anfang an der Geldmenge.

Ich habe jetzt fast vergessen darauf hinzuweisen, dass die EZB den Anspruch erhebt, auch das "Deflationsmonster" in ein Marmeladenglas gesteckt zu haben. Ich vermute, das wird sich noch zeigen, aber ich glaube, sie liegen hoffnungslos daneben. Die EZB weist auf Probleme mit dem "Deflationsmonster" hin, obwohl es eigentlich sowohl ein Segen, als auch der natürliche Stand der Dinge ist.

Die Produktivität zu steigern ist "preisdeflationär". Mehr Dinge werden in kürzerer Zeit von weniger Menschen hergestellt. Folglich fallen die Preise. Sehen Sie sich doch nur einmal an, wie viel mehr Getreide ein einziger Bauer heute anbauen kann, als noch vor einiger Zeit hundert Bauern. Die Maispreise sind vor einigen Wochen auf die Preise von 1943 gefallen. Ist das ein Problem? Und wenn, für wen? Es ist nur deshalb ein Problem, weil die Zentralbanken in Amerika und Europa jedes Jahr unzählige Milliarden für die Subventionen der Ernten ausgeben. Es ist reinste Geldverschwendung.

Sie müssen dabei im Hinterkopf behalten, dass in China momentan Stellen in der Textilindustrie verloren gehen. Der findige Geist fragt sich jetzt vielleicht, wohin sie verloren gehen. Die Antwort ist vielleicht schockierend: Nirgendwohin. Es werden einfach weniger Arbeiter benötigt, um die gleiche Menge an Produkten herzustellen. Das ist einer der Gründe, warum das protektionistische Gerede, das man momentan manchmal aus dem Kongress hört, völliger Unsinn ist. Diese Jobs werden niemals zurückkommen.

Der Versuch, die Geldmenge zu steigern, um Stellen zu schaffen und die Produktivität anzukurbeln und zu verlagern, kann nur in Spekulationsblasen bei Vermögenswerten und/oder in einer Überkapazität enden. Abgesehen davon, wem gefallen geringere Preise für Güter und Dienstleistungen nicht?

von Mike Shedlock, Investor's Daily





Antworten:


[ Zauberspiegel Wissenschaft Ideenfabrik ]